Genau wie für viele andere Branchen wird dieses Jahr aufgrund der Coronapandemie auch für das Kino zum Seuchenjahr. Viele Studios haben ihre Filmstarts aufgrund der Kinoschließungen bereits auf Herbst oder gar auf nächstes Jahr verschoben. Es ist fraglich, wie viele Lichtspielhäuser am Ende bestehen bleiben.
Streaming und TV profitieren
Waren Streaming-Dienste zuletzt bereits immer häufiger für den Rückgang bei der Zahl der Kinobesucher mitverantwortlich, erleben diese Online-Dienste derzeit geradezu eine Hochblüte. Netflix, Amazon Prime und nun auch Disney erobern den Markt. Wobei der zuletzt genannte Newcomer vom Start weg den Platzhirschen auch bereits das Wasser abgräbt. Auf Medienseiten oder in Medienmagazinen im Radio ist es aufgrund der #stayhome-Order mittlerweile üblich, das Programm der Streaming-Dienste zu bewerben bzw. ausgewählte Filme oder Serien dieser Anbieter anzuführen. Daneben feiert aber auch das Fernsehen seinen zweiten Frühling, den es – aufgrund der angeführten Konkurrenz – in dieser Form in der Post-Corona-Zeit wohl nicht wieder geben wird.
Eigen ist Streaming-Diensten wie auch dem TV, dass ihr Programm nach Möglichkeit das Neueste für das Publikum bereithält. Das erinnert ein wenig an jenen sehr jungen Praktikanten beim Radio, der als interessierter Gesprächspartner erschien, weil er nach eigenem Bekunden „Filmfan“ war. Im Nachsatz erklärte er allerdings, dass er sich nur Filme ansehe, die nach dem Jahr 2000 gedreht wurden. „Filminteressiert“ mag hier noch durchgehen; ein „Filmfan“ ist er damit aber keinesfalls. Ganz offensichtlich drängt er sich damit aber für die Zielgruppe von Fernsehen und Streaming auf.
Screwball-Comedies haben schlechte Karten
Filme mit bereits lange verstorbenen Stars oder gar mit starken Frauenrollen haben dabei ganz schlechte Karten – und damit ein Genre, das sich (aufgrund der Textlastigkeit und der Tatsache, dass Frauen hier kein schmückendes Beiwerk, sondern den männlichen Protagonisten ebenbürtig waren,) wie kein anderes anbieten würde, wenn viele der Erinnerung an die mit Covid-19 verbundenen Einschränkungen entfliehen möchten: die Screwball-Comedy der 1930er und frühen 1940er Jahre. – Und das am besten im englischen Original.
Genau jetzt wäre eine gute Zeit, sich bekannt zu machen mit Leinwand-Göttinnen, wie Katharine Hepburn, Carole Lombard, Irene Dunne oder Barbara Stanwyck. Deshalb hier eine kleine Liste mit Screwball-Comedies*) zum #Frauenschauen
Das Filmemachen mag sich über die Jahrzehnte allein schon von den technischen Möglichkeiten her geändert haben. Nicht geändert hat sich die Situation für Frauen im Film. Für Irene Dunne etwa war die Filmkarriere mit Anfang 50 beendet. Einfach, weil sie nach Jahren mit Hauptrollen aufgrund ihres Alters mit Nebenrollen abgespeist werden sollte. Zuvor hat sie in zwei Jahrzehnten auf der Leinwand nach anfänglichen Rollen in Melodramen aber so Unterhaltendes geschaffen wie 1936 „Theodora Goes Wild“ und im Jahr darauf „The Awful Truth“.
Carole Lombards Filmkarriere hat aufgrund ihres frühen Unfalltodes keine zwanzig Jahre gedauert. In Erinnerung blieben aber auch bei ihr vor allem jene Rollen, in denen sie ihrem männlichen Gegenüber nichts schenkte oder Spielfreude zeigte, wie 1936 in „My Man Godfrey“ mit ihrem damals bereits Ex-Mann William Powell.
„The Front Page“ ist bekanntlich einer dieser Filme, die mit mehreren Jahren oder Jahrzehnten Abstand immer wieder neu verfilmt werden. Billy Wilder hat sich mit der dritten Verfilmung mit einem rein männlichen Gespann Hildy Johnson/Walter Burns in „Extrablatt“ auch viele Mühe gegeben. Die beste Version bleibt – auch angesichts der schnellen und teils gleichzeitig ablaufenden Dialoge – dennoch die nach 1931 zweite Verfilmung als „His Girl Friday“ 1940 mit Rosalind Russell.
Keine Screwball-Liste ist komplett, wenn auf ihr nicht Katharine Hepburn aufscheint. Sie war die ultimative moderne Frau der 1930er und 1940er Jahre, die sich in einer Männerwelt behauptete. Zu recht steht sie auf Platz 1 der weiblichen US-Filmlegenden. Dabei lassen sich mit ihr vor allem zwei Schauspieler in Verbindung bringen. Zum einen ihr Lebenspartner Spencer Tracy und zum anderen Cary Grant. Mit beiden ist ihre Figur in den gemeinsamen Filmen auf Augenhöhe. Eine ihrer unterhaltsamsten Darstellungen liefert sie 1940 in „Philadelphia Story„, für das sie als Privatperson bekanntlich Patin gestanden hat und das Jahre später als Farbfilm und mit Musik von Cole Porter neu verfilmt wurde.
Unmittelbar hinter Joan Crawford und noch vor Claudette Colbert rangiert Barbara Stanwyck auf Rang 11 der 100 weiblichen US-Filmlegenden. Sie unterhielt 1941 als Hauptdarstellerin in „The Lady Eve“ – und das ausschließlich umgeben von männlichen Darstellern.
Zu viel Hollywood? – Die Screwball-Komödie war nun einmal ein Markenzeichen des US-Kinos. Allerdings gab es zu jener Zeit auch in England weibliche Rollen, deren einzige Intention es nicht unbedingt war, einen Mann zu finden und von diesem geheiratet zu werden. Eine Empfehlung dazu ist etwa die von (der späteren Dame) Wendy Hiller 1938 in George Bernard Shaws „Pygmalion“ dargestellte Eliza Dolittle – an der Seite von Leslie Howard. Auch hier hat Hollywood Jahre später zugeschlagen und ein Musical daraus gemacht. Als „My Fair Lady“ verfilmt, sollte es 1965 acht Oscars erhalten.
*)Die Titel sind nach Möglichkeit zu den online abrufbaren Filmen verlinkt.