Als jemand, der sich beruflich mit Stimme und Sprechen beschäftigt, ist der Internationale Tag der Stimme am 16. April ein willkommener Anlass, sich auch schriftlich damit auseinanderzusetzen. Ich wollte dazu ein besonderes Blogpost schreiben und dem Bedeutung mitgeben. Das erste, woran ich bei der Recherche im Vorfeld gedacht habe, hat mich allerdings selbst überrascht: Es war nicht etwa das „Sprechtechnische Übungsbuch“ von Vera Bahlser-Eberle oder Theodor Siebs‘ „Deutsche Hochsprache“, sondern „Kommunikationswissenschaft – Grundlagen und Problemfelder“ von Roland Burkhard.
Das mag weniger überraschen, wenn man weiß, dass ich 1. Kommunikationswissenschaftlerin bin, diesen Band entsprechend 2. während des Studiums und für den Abschluss mehrfach durchgeackert habe und ihn 3. in der Ausgabe von 1995 leicht greifbar in meinem Bücherregal stehen habe.
Ein Eintrag zu Stimme sollte etwas sein, das sich darin finden ließe. Etwa in Kapitel 3 „Das Kommunikationsmedium ‚Sprache’“ oder unter 5.5. „Das Fernsehen – ein Jahrhundertmedium“. So dachte ich jedenfalls. Das Stichwortverzeichnis hält tatsächlich aber nur Begriffe bereit wie: Sprachbarrieren, Sprachgemeinschaft, sprachliche Kommunikation und Sprechakt – von Stimme ist hier keine Rede. Was insofern erstaunlich ist, weil vielfach Kommunikation mit „miteinander sprechen“ also „stimmlichem Austausch“ gleichgesetzt wird. Das ist natürlich völlig falsch. Schließlich blendet es andere Kommunikationsmöglichkeiten, wie schriftliche Kommunikation, etc. völlig aus. Bemerkenswert ist es aber allemal. Das ultimative Handbuch zur Kommunikationswissenschaft verzichtet auf das Schlagwort Stimme!
Alle Ehren der Sprechstimme
Das könnte jetzt in eine philosophische Betrachtung mit Blick von links ausarten; etwa, dass wir alle eine Stimme haben und sie erheben müssten*), auch wenn damit nicht die Sprechstimme gemeint ist. Das tut es aber nicht und ich biege an dieser Stelle ab. Es geht tatsächlich und ausschließlich um die menschliche Sprechstimme (die Singstimme spare ich aus).
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Es gibt keine/n Zweite/n mit deiner Stimme. Stimmen mögen ähnlich klingen. Und das vor allem innerhalb einer Familie. Bei allen Anstrengungen von AI bleibt sie aber individuell und unverwechselbar. Sobald sie ertönt, gibt die Stimme einen Eindruck von der inneren Haltung und der Gefühlslage ihres Besitzers. Natürlich ist Stimme immer wieder Stimmung. Wenn ich entspannt bin, klinge ich anders, als wenn ich mich freue oder traurig bin. Es gibt dazu jede Menge Übungen, um das für sich zu erkennen und an sich zu arbeiten.
Deutlich wird diese Individualität besonders bei Prominenten – also bei jenen, die von ihrer Sprechstimme leben. Radiosender haben ihre fixe „Station Voice“, also „Senderstimme“, für vorproduzierte Elemente, wie etwa Jingles. (Dabei handelt es sich vornehmlich um Männerstimmen, aber das ist eine andere Geschichte zum Thema „Stimme“).
Fremde Stimmen im Kopf
Wer gelernt hat, internationale fremdsprachige Filme in deutscher Synchronisation zu schauen, erschrickt manchmal über die Originalstimme des Stars. Ich greife jetzt sehr weit zurück, weil es so etwas wie der Beginn eines Phänomens war: Larry Hagman hätte in unseren Breiten in den 1980er Jahren niemand für einen Spot gebucht; seine deutsche Synchronstimme, Wolfgang Pampel, aber sehr wohl. Schließlich war allein seine Stimme für alle „Dallas“-SeherInnen der Inbegriff des fiesen Hauptdarstellers J.R. Ewing. In den 00er Jahren setzte sich das fort mit der deutschen Synchronstimme von Sarah Jessica Parker vulgo Carry Bradshaw.
An diesem Merkmal der „Wiedererkennung“ kann jeder auch für sich arbeiten. Dazu, dass sich manche Personen im deutschen Sprachraum – oder hier speziell in Österreich – allein aufgrund ihrer Stimme wiedererkannt werden, hier zwei Beispiele, deren Auflösung sich für jene, denen es im Moment nicht einfallen will, hinter dem angegebenen Quell-Link versteckt. Kleiner Tipp: Ich habe beide in einem früheren Blogpost zum Thema Stimme erwähnt. Viel Spaß beim Raten und beim Arbeiten mit der eigenen Stimme!
Beispiel 1: Österreichische Mediathek
Beispiel 2: Österreichische Mediathek
*) Das muss nicht eigens ausgeführt werden. Wir alle haben eine Stimme, die wir erheben sollten, um für die Gesellschaft oder gesellschaftliche Gruppen Veränderungen zum Positiven zu bewirken. Zivilcourage unterliegt keinen Trends.