Coup de main mit Schönheitsfehlern

twitter_smartphone_coupDie österreichische Radiolandschaft bildet derzeit das gängige Klischee des Landes ab: Sie gibt sich gemächlich. Das ist keineswegs eine Wertung, sondern schlichtweg Fakt, wie sich aus der nicht vorhandenen Berichterstattung schließen lässt. Dass hierzulande wenig bis gar nicht über Radio berichtet wird, muss nicht noch einmal wiederholt werden. Es geht aber diesmal auch gar nicht um Österreich, sondern um einen Blick nach oben – geographisch wohlgemerkt.

Dicke Luft zwischen Radio FFH und Hessischem Rundfunk

Anders als in Österreich geht es in der deutschen Radiolandschaft derzeit rund. – Und es wird darüber berichtet. Dieser Tage machen gleich mehrere Sender öffentlich von sich reden. Ein klein wenig in die Berichterstattung Eingang gefunden hat etwa das durch seine Weiterbildungsprogramme in der Branche bekannte Radio FFH mit seinem Ärger über den Hessischen Rundfunk. Radio FFH hat nicht zuletzt aufgrund seiner Akademie überaus qualifizierte Mitarbeiter, was dem öffentlich-rechtlichen Mitbewerber bereits aufgefallen ist, weshalb der HR in der Vergangenheit schon eine Vielzahl dieser Mitarbeiter zu sich geholt oder – je nach Sichtweise – auch gelockt hat und es auch jetzt wieder macht. Dass sich Radio FFH öffentlich über diese Strategie empört, ist wohl durchaus nachvollziehbar.

Der Twitteraccount @WDR_Leaks sorgt für Aufregung

Weit mehr Publicity als Personalrochaden zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten erhielt der WDR – und damit ein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender. In dieser Woche sorgte auf Twitter @WDR_Leaks für Aufregung. Nachdem auf dem Kurznachrichtendienst nahezu mehrmals täglich über die Missstände und Sparmassnahmen des Westdeutschen Rundfunks berichtet worden ist, wurde der Account Anfang Juli auch schon wieder gelöscht. Die Betreiber waren der Ansicht, dass sie innerhalb von nur vier Tagen ihr Ziel erreicht hätten: Sie hatten das Problem öffentlich gemacht; als Folge zeigten sich die Verantwortlichen gesprächsbereit.

Mitarbeiter eines Radio(und Fernseh)senders verschafften sich damit quasi mittels Handstreich oder Überraschungsangriff via Social Media schriftlich Gehör. – Sie erhielten aufgrund ihrer Aktion die mediale Aufmerksamkeit und jene von Kollegen. Selbst der Deutsche Journalistenverband reagierte aufgrund der entbrannten Diskussion darauf.

Der Fall zeigt einen Mangel an interner Kommunikation

Dass anonym zu einem solchen Mittel gegriffen wird, zeigt ein grundsätzliches Problem in Betrieben auf: den Mangel an interner Kommunikation. Bei der vielerorts großen Zunahme an freien Mitarbeitern fehlt es an der Sichtbarmachung von Problemen. Sofern sich jemand getraut, im Gespräch auf etwas hinzuweisen, schlägt ihm mitunter ein rauer Ton bis zur persönlichen Abwertung entgegen, weil es dem fest im Sattel sitzenden Gegenüber an Selbstkontrolle fehlt. Sich sachlich mit Ideen anderer auseinanderzusetzen oder auch nur andere Meinungen als die eigene gelten zu lassen, ist offenbar in nicht wenigen Betrieben – gleich welcher Branche – fest verankert.

Bei aller vielleicht vorhandener Ohnmacht der Betreiber aufgrund ihrer fragilen Situation war die Aktion @WDR_Leaks in ihrer Machart doch wohl sehr fragwürdig. Jedem, der selbst schon einmal ohne ersichtlichen Grund anonym bei eigener voller Namensnennung online an den Pranger gestellt worden ist, muss der kalte Schauer über den Rücken laufen. Bei all den erhobenen Vorwürfen gegen die Chefredakteurin sollte man vor einem Shitstorm oder einem Bashing gegen sie doch bedenken: Es bleibt immer noch die Möglichkeit, dass sie nicht stimmen.

Wenn auch die Bezeichnung „Leaks“ in genanntem Fall manchem anmassend erscheint, die Personen dahinter könnten eine Türe geöffnet haben. Es könnte wieder passieren. Es wäre schade, wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern als Konsequenz nun mit Misstrauen begegnen würden. Sie sollten eher gelernt haben, dass es an der Zeit ist, an der internen Kommunikation zu arbeiten und schon allein für ein respektvolles Zusammenarbeiten vielleicht auch unpopuläre Ansichten gelten zu lassen.

 

Welche Möglichkeiten kennt ihr, um die interne Kommunikation zu verbessern. Freue mich über Best Practice Beispiele in den Kommentaren.

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