Darf’s ein bisschen Medienkompetenz sein?

Medienkompetenz Laptop Tablet medienmuseJahrelang war Digitalisierung nur ein Schlagwort, ein fernes Ziel, das es irgendwann in der Zukunft zu erreichen gälte. Es war etwas, dem sich andere Länder widmeten, wie Estland, Finnland oder auch Israel. Mit einem Mal aber hat uns die Realität aufgrund unerfreulicher Umstände eingeholt und wir müssen rasch aufholen, was über Jahre versäumt worden ist.

Bildung ist der Jugend vorbehalten

Jeder Schüler, jede Schülerin sollte bekanntlich bis 2020 ein Tablet oder einen Laptop bekommen, um die Technik ganz selbstverständlich zu beherrschen. Es ist eine Ankündigung geblieben. Allein damit zeigt sich aber auch: Bildung ist etwas, das in unserer Gesellschaft den Jüngsten vorbehalten ist. Gedanklich schwingen dabei immer Kinder und Jugendliche mit. Erwachsene – und damit auch jene, die für die (Aus-)Bildung dieser Kinder und Jugendlichen zuständig sind – sind dabei ausgespart. Sie werden schlicht nicht mitgedacht und sollen – gefälligst – diese Kenntnisse bereits haben.

Nur: Das kann sich in Österreich schon rein zeitlich nicht ausgehen. Die Generation der (Baby-)„Boomer“ öffnete sich dem Gebrauch des Personal Computer. Viele der heute um die 50jährigen waren während des Studiums oder kurz danach Early Adopter wenn es ums Internet ging. Gleichzeitig erlernten sie den Umgang mit Handys und später mit Smartphones. All das brachten sie sich natürlich selbst bei, denn es war wie selbstverständlich nirgendwo Teil einer Aus-Bildung.

Selbst die LehrerInnen-Ausbildung verabsäumte es, künftige PädagogInnen ausreichend darauf vorzubereiten, den Umgang mit Medien zu vermitteln – und das gilt vorrangig für digitale Medien. Lehrer oder Lehrerinnen, die heute Mitte 30 oder älter sind, interessieren sich vielleicht bis heute für andere Themenbereiche als für Technik. Die Gesellschaft erwartet aber von ihnen, die mit den Möglichkeiten digitaler Kommunikation aufgewachsen sind, dass sie technische Fähigkeiten und Technik-Affinität besitzen, einfach, weil die Technik da ist. Ganz so, als könnte jeder über 40-jährige sinnerfassend lesen und beim Sprechen ganze Sätze bilden.

Technik als Hürde im Umgang mit digitalen Medien

Die Technik ist jedoch die erste Hürde, wenn es darum geht, digitale Optionen heranzuziehen und auszuschöpfen. In Zeiten, in denen vieles nun online geschieht, weil es mangels Alternativen hier geschehen muss. Bei jenen, die jetzt im Home Office sitzen, darf der Umgang mit einem Computer, also Personal Computer ebenso wie Laptop oder Tablet, vorausgesetzt werden. Es bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass sie auch Medienkompetenz haben. Auf Empfehlung oder „weil wir das jetzt so machen“ werden Messenger-Dienste wie WhatsApp oder vielleicht Telegram oder sogar die als sicher geltende Variante Signal installiert. Zeit, sich groß in neue Software, wie etwa auch Zoom oder Microsoft Teams für Meetings einzulernen oder einzulesen, bleibt meist nicht.

Neu ist das nicht. Manche benötigten schließlich schon zuvor länger dafür, ein Sommerkleid oder Schuhe auszusuchen, als das für ihre Zwecke geeignete Programm. Dabei wäre jetzt eine günstige Gelegenheit, sich mit Medienkompetenz auseinanderzusetzen und sie sich anzueignen. Das betrifft natürlich nicht nur das erwähnte WhatsApp und dessen Geschwister Facebook und Instagram, aber wohl vorrangig. Immerhin sind es die meistgenutzten Online-Netzwerke, die mitunter fälschlich als „Soziale Medien“ bezeichnet werden, obwohl sie alles andere als sozial sind.

Jeder verbreitete Inhalt darf kritisch hinterfragt werden

Medienkompetenz gilt aber auch für andere Massenmedien, wie Printprodukte, Online-Medien, Fernsehen und auch Radio. Jedwede Art der Verbreitung darf kritisch hinterfragt werden! Allerdings wäre es natürlich wünschenswert, wenn es für NutzerInnen vorübergehend einen entsprechenden Hinweis gäbe. Ganz so, wie derzeit die Corona-Hinweise des österreichischen Gesundheitsministeriums auf YouTube könnte doch bei der Nutzung eine Box auftauchen, die zu einer Ministeriums-Website oder eines anderen geprüften Auftritt führt.

Das Bildungsministerium wie auch das Bundeskanzleramt erklären schon jetzt genau, was es mit der Schlüsselfähigkeit Medienkompetenz auf sich hat: Kurz gefasst heißt es schlicht, mit Medien kritisch umgehen zu können. Kritisch bedeutet hier aber nicht, die Nase über Inhalte zu rümpfen, die mir nicht gefallen. Wenn sie mein Leben nicht betreffen, kann ich auch großzügig darüber hinwegsehen und muss nicht jeden Eintrag etwa in Online-Netzwerken kommentieren. Kritisch meint vielmehr: Wenn mich etwas triggert, also meine Emotion massiv angesprochen ist und mein Zeigefinger zum „Teilen-Button“ wandert, dann sollte ich rasch noch einmal das Hirn einschalten. Keine und keiner muss sich für dumm verkaufen lassen und sollte sich daher fragen:

Dies ist der Box-Titel
  • Stimmt das, was da steht?
  • Aus welcher Quelle stammt der Inhalt?
  • Welche Auskunft geben Suchmaschinen, wie startpage oder ecosia dazu?
  • Findet sich dazu etwas auf saferinternet oder bei mimikama?

Damit lässt sich verhindern, dass einem ein Adressat schreibt: „Das ist falsch! Schick mir so etwas nicht mehr!“ Im schlimmsten Fall werden Adressaten einen blockieren, weil sie befürchten müssen, eine Spamflut mit falschen Inhalten zu bekommen. Damit ist der eigene Ruf betreffend Medienkompetenz ganz schnell ruiniert und lässt sich online auch nur mühsam wiederherstellen.

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